Unser Leben im Pferdewald - den Tieren zuhören - sie verstehen


Was tun, wenn nichts so ist, wie es sein soll?


Prima, wenn Mutter und Fohlen harmonieren!

Toll, wenn der Euter prallgefüllt ist!

Und noch besser, wenn die Stute das Fohlen geduldig trinken lässt!

 

Aber was tun, wenn die Mutterstute das Fohlen nicht annimmt? Wenn das Euter zu klein ist und angenommen werden kann, dass es nicht genug Milch enthält. Oder das Fohlen nicht ausgiebig trinkt?


Egal, um welche dieser Komplikationen es sich handelt, es gibt immer einen Weg!

Eines ist bei allen Aktionen ganz besonders wichtig: GEDULD - GEDULD - GEDULD!!!

Für das Fohlen ist es überlebenswichtig, dass es die Erstmilch (Kolostrum) aus dem Euter der Mutter bekommt, denn diese enthält wichtige Immunstoffe. Sollte die Mutter also das Fohlen nicht freiwillig trinken lassen, so muss sie am Halfter festgehalten werden, damit das Fohlen sich bedienen kann. - Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Stuten sich in solch einem Fall ausgesprochen aggresiv und brutal ihren Fohlen gegenüber verhalten können. Und selbst die liebste Stute wird plötzlich zum "Tier" und ist nicht wieder zu erkennen. Dann gilt es eventuell auch ihre Oberlippe umzudrehen, bzw. die Nasenbremse anzusetzen, damit die Stute still steht.

Diese Prozedur muss auf jeden Fall in den ersten Tagen alle 2 Stunden Tag und Nacht durchgeführt werden, damit das Fohlen genug Immunsstoffe über die Muttermilch aufnehmen kann.

Wenn sicher ist, dass das Fohlen nicht genug Milch bekommt, biete ich ab dem zweiten oder dritten Tag zusätzlich noch Milchaustauscher an. Das Milchpulver erhält man im Pferdefutterhandel und bei der Genossenschaft in Eimern verpackt. Auf dem Etikett am Eimer ist genau angegeben, wieviel bei welchem Gewicht und Alter zu füttern ist. Es funktioniert in der Regel völlig unproblematisch.

Das Milchpulver wird mit einer Küchenwaage abgewogen, mit heißem Wasser vermengt und aufgelöst und dann durch Zugabe von kaltem Wasser auf Trinktemperatur gebracht. Ein Spritzer auf die Unterseite des Handgelenks lässt fühlen, ob die Milch zu heiß ist. Es ist wichtig, dass die Milch wirklich trinkbar ist; nicht zu heiß, damit sich das Fohlen nicht die Zunge verbrennt und natürlich auch nicht zu kalt.

Ich lasse das Fohlen erst ausgiebig an der Mutter säugen und biete dann zusätzlich noch die Ersatzmilch an. Man wundert sich dann manchmal, was da noch so in das Fohlenbäuchlein passt und spätestens dann ist klar, dass wirklich nicht genug Milch im Euter sein wird.

Unser letztes Fohlen hat immer nur aus einer Lämmerflasche mit Babynuckel getrunken. Wir hatten aber auch schon einen Kandidaten, der konnte gar nicht schnell genug aus einer Schale oder einem Eimer schlürfen.

Noch ein Tipp: Geht der Stuhl nicht korrekt ab und neigt das Fohlen zu Verhärtungen, füge ich der Milch ein wenig Leinöl hinzu. - Das erspart den Einlauf.


Aggresive Mutterstuten gebähren sich ihren Fohlen gegenüber oft auf brutale Weise. In Pferde-Fachzeitschriften berichten Züchter immer wieder von Fohlen, die erschlagen in der Box vorgefunden wurden. Ich würde daher davon abraten, eine agressive Stute mit dem Fohlen gemeinsam in eine Box einzusperren, in der Hoffnung, dass die Stute mit dem Fohlen zusammenwächst. Die Gefahr, dass es nicht funktioniert ist dabei einfach zu groß.

Das Fohlen sollte immer die Möglichkeit haben, flüchten zu können. Es muss sich dem aggresiven Verhalten der Mutter entziehen können - einen Rückzugsort haben, wo die Mutter nicht hinkommen kann. 

In einer Offenstallanlage bietet sich diese Art der Zusammenführung geradezu an.

Wir hatten den Eingang des Pferdestalls auf halber Höhe mit einem Querbalken versehen, so dass nur das Fohlen unter durchhuschen konnte, die Mutter aber draußen bleiben musste. Außerdem hatten wir quer durch das Paddock ein Elektroband in der Höhe angebracht, dass auch hier das Fohlen ohne Probleme unter durchlaufen kann, ohne das Mama hinterher kommt. So konnte unser Fohlen herumtoben und nach Lust und Laune sich sowohl im geschützten Stall zum Schlafen hinlegen, als auch draußen an der frischen Luft herumtoben.

Alle zwei Stunden kam spätestens die Mama-Festhalte-Frau, und dann konnte in Ruhe genuckelt werden. Nach drei Tagen brauchte Mutti keinen Nasenkneifer mehr und nach einer Woche stand sie dann auch alleine still und musste nicht mehr am Halfter festgehalten werden. Nach zwei Wochen beobachtete ich, bei einem Blick aus dem Arbeitszimmer, dass die Stute das Fohlen trinken ließ, ohne, dass ich auch nur in der Nähe war.

Natürlich war ich überglücklich - brachte dem Fohlen dennoch weiterhin zusätzlich die Ersatzmilch, da ja nach wie vor anzunehmen war, dass die Stute auch weiterhin nicht genug Milch haben würde.

Mittlerweile lässt diese Stute auch Fremdfohlen bei sich trinken und ist auch sonst die Ruhe selbst!

GEDULD - GEDULD - GEDULD !